Jinzun | Teil 1 | Wo wir uns sofort wie Zuhause fühlten

Jinzun | 25. März – 22. April 2020

Als wir bei unseren neuen Bleibe − dem Jinzun Surf House − ankamen, sassen dort drei Gestalten im Schatten. Sie begrüssten uns freundlich auf Englisch. Wir hielten Ausschau nach der Reception, aber da war nichts zu sehen.

„It’s self-check-in.“ Ein junger, sportlicher Typ − das muss ein Surfer sein − half uns und zeigte uns unser Zimmer: Die „Surfer Suite“.

Okay, der Name ist vielleicht etwas übertrieben. Es war ein einfaches Zimmer mit einem Doppelbett, einem Nachttisch und einem eigenem Badezimmer mit Dusche/WC. Inkl. Klimaanlage. Nicht was man sich unter einer Suite vorstellt, aber perfekt für uns. 😊

Wir deponierten nur kurz unsere Rucksäcke und setzten uns dann zu den anderen in den langersehnten Schatten.

Es gab eine kurze Vorstellungsrunde:

Dara, der Surfer (ha, 100 Punkte) aus Irland und seine Freundin Fiona, ursprünglich aus Schottland, sind seit Februar in Taiwan. Eigentlich hatten sie vor, anfangs März nach Neuseeland zu reisen, aber da die Grenzen zu sind, verlängerten sie ihren Aufenthalt in Taiwan. Beide arbeiten als Volenteers im Jinzun Surf House. Das heisst, sie arbeiten 3-4 Stunden am Tag (putzen, aufräumen, Zimmer machen) und übernachten dafür kostenlos.

Jackie, der dritte im Bunde, kommt aus Taipeh und machte hier „Home-Office“. Er wollte mal weg von der Grossstadt und raus aus dem „Corona-Herd“. Kein schlechter Ort, der er sich da ausgewählt hatte.

Das Jinzun Surf House ist umgeben von einigen kleinen Häuschen, Gärten, geparkten Autos und einem kleinen Tempel. Der „Wohnbereich“ des Surf Houses besteht aus einer kleinen Outdoor-Küche, ein paar Tischen mit Stühlen und zwei Hängematten. Schlicht, einfach − perfekt für uns. 😊

Wir gönnten uns eine Dusche und machten uns auf, um das kleine Fischerdörfchen Jinzun etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Das ist also unser Zuhause für die kommende Zeit. Uns gefällt’s. (Spoileralarm: Es gefiel uns tatsächlich so gut, dass wir nach 2 Wochen gleich nochmals 2 Wochen anhängten. Clevere Füchse haben das vielleicht bereits oben beim Datum erahnt. 😉)

Nach einem Shop, wo wir uns einen Nachmittags-Snack holen konnten, hielten wir hier jedoch vergebens Ausschau. Also machten wir uns zu Fuss auf in Richtung Donghe. Den 7-Eleven dort kannten wir ja bereits (siehe https://druflos.ch/2020/04/25/east-coast/).

Es dauerte schon ca. 30 Minuten, bis wir im Dörfchen ankamen. Doch der Spaziergang war herrlich:

Kaum im 7-Eleven angekommen, kam ein anderer junger Typ auf uns zu. „Julia?“ Etwas verdattert nickte ich. „I’m Ula, from Jinzun Surf House.“ Ahhh. Der Besitzer. Das muss ein kleiner Ort sein, wenn man im Shop als neue „Gäste“ erkannt wird. Doch dann kam uns in den Sinn, dass wir ihm ja ein Video von uns geschickt hatten, als Beweis, dass wir gesund sind. 😂

Mit Ula vereinbarten wir gleich, dass wir auch für die gesamte Zeit Surfboards und einen Scooter mieten wollten. Denn ohne Scooter ist man in Jinzun doch sehr ab vom Schuss. Und auch wenn wir gerne spazieren, wollten wir uns diesen Luxus gönnen. Auch cool − die Scooter hier haben eine Surfboard-Halterung. 🤙🏼

Das Leben in Jinzun

Es war nicht schwer, sich an den „neuen“ Alltag zu gewöhnen. Alles lief hier etwas ruhiger als zuvor in den Städten. Und das kam uns sehr gelegen. Denn unsere Körper waren müde. Müde von der Velotour. Müde von so vielen Eindrücken. Müde vom Drang, immer etwas unternehmen zu müssen.

Was sich bei Remo bereits auf der Velotour angekündigt hatte, nahm uns hier in Jinzun unter die Fittiche. Wir waren die ersten beiden Tage richtige „Waschlappen“ und haben den ganzen Tag im Bett oder in der Hängematte verbracht. Daher störte uns auch das Wetter nicht:

Bei so starkem Regenfall, Blitz und Donner ist es sowieso keine gute Idee ins Meer zu gehen. Wir erlebten in Jinzun so starke, monsunartige Regenfälle, wie wir es von Zuhause nicht kennen. Da hilft es auch nicht, dass unser Zimmer ein Blechdach hatte. Wenn es so heftig regnete, war es so laut, dass man sich gar nicht mehr unterhalten konnte, geschweige denn schlafen. 😅

Nach dem Regen, kommt die Sonne. Könnte man meinen. Doch Jinzun zeigte sich uns in den ersten Tagen von einer eher „grauen“ Seite. Es war praktisch jeden Tag bewölkt. Manchmal war es am Morgen etwas schöner. Doch bereits am Mittag wurde es windiger, wolkiger und grauer. Doch das alles bei gefühlten 25 Grad. Also konnten wir nicht klagen 😉

Schon nach kurzer Zeit fühlten wir uns in Jinzun wie Zuhause. Und anscheinend fühlten sich auch „Jinzuaner“ bei uns wohl. Die Hunde der Nachbarin genossen es, von uns gekrault zu werden. Und auch die heimischen Gekkos, kamen uns immer mal wieder in unserem Zimmer besuchen. Wir hatten eine Weile, bis wir das komische Geräusch diesen niedlichen Tierchen zuordnen konnten. Sieht schon lustig aus, wie sie da kopfüber an der Decke oder quer an der Wand verharren.

Weniger niedlich fanden wir jedoch die Kakerlaken, die sich ab und zu in unserem Badezimmer verirrten. Aber das gehört in diesen tropischen Gegenden halt einfach dazu. 😅

Als das Wetter sich wieder etwas beruhigte, machten wir uns auf den Weg zum Strand von Jinzun. Dieser liegt ca. 7 Gehminuten entfernt vom Surf House, direkt hinter der Mauer, die den Hafen vor grossen Wellen schützt. Wiederum trafen wir auf dunklen Sand. Und zwar massenhaft. Der Strand scheint sich nämlich einige Kilometer in die Länge zu ziehen. Gemäss Dara könne man bis zur nächst grösseren Ortschaft (16 km entfernt) laufen. Das wäre was für Remo’s Eltern, die lange Spaziergänge am Strand so mögen.

Um uns aufs Surfen einzustimmen, wollten wir uns ein paar Tricks bei den Profis abschauen. Da kam uns die National Surf Competition vor unserer Haustüre gerade recht. Schon früh morgens hörten wir den Kommentator via Lautsprecher. Gespannt schlenderten wir zu Fuss zum Hafen und schauten den Profis zu, wie sie Welle für Welle surften. Hier spielt das Alter keine Rolle. Knaben, Männer und Senioren surfen zusammen. Dasselbe bei den Damen bzw. Mädchen. Cool.

Allgemein fühlte sich das ganze nicht wirklich wie ein Wettkampf an. Der ganze Anlass war eher klein und friedlich und aufgrund des tristen Wetters waren auch nicht wirklich viele Zuschauer gekommen. Es war mehr wie ein Familienfest. Kinder, Jugendliche und Erwachsene genossen den Anlass. Auch im Wasser war kaum Rivalität zu sehen. Die Surfer freuten sich für einander, wenn jemand eine besonders coole Welle erwischt hatte. Egal ob auf dem Longboard oder dem Shortboard.

Wie uns Ula später erklärte, können Surfer an solchen kleineren nationalen Competitions Punkte sammeln, um es dann vielleicht irgendwann einmal bei einem grösseren, internationalen Contest dabei sein zu können. Doch das Niveau ist hoch und um wirklich Profisurfer zu werden, müsse man bereits im Kindesalter extrem viel reisen, um an möglichst vielen Contests teilnehmen zu können.

Was wir hier bei diesem Contest das erste Mal sahen, waren Team-Wettkämpfe. 4er-Teams und jeder darf eine Welle surfen. Extrem spannend anzusehen. Wir merkten, wie wir richtig mit den Teams mitfieberten.

Seit ein paar Jahren findet jährlich im November ein solcher internationaler Contest der World Surf League genau hier in Jinzun Harbour statt: Taiwan Open of Surfing (Qualifying Series 3000). Der ganze Contest − also alle vier Tage − wurden aufgezeichnet und sind auf Youtube ersichtlich (fast 32 Stunden Videomaterial). Falls euch also mal langweilig sein sollte, lohnt es sich dort reinzuschauen. Wir verlinken euch hier das Video vom ersten Tag. 😉

Ab 1:44 wird die Region rund um Jinzun noch etwas genauer vorgestellt.
Ab 3:45 startet dann der Contest.

Ab ins Meer

Nach dieser super Einstimmung und ein bisschen Erholung, waren wir endlich bereit für die Wellen. Wie unser Surferalltag in Jinzun aussah und wie wir uns in den Wellen geschlagen haben, erfahrt ihr im nächsten Beitrag − inkl. Surfvideos von uns. 😉

1 Kommentar zu „Jinzun | Teil 1 | Wo wir uns sofort wie Zuhause fühlten

  1. Günter Schocher 6. Mai 2020 — 21:05

    Danke für eure tollen Berichte. Grüessli aus Goldau. Günter

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