Kaohsiung | Wo ein Fotosujet das nächste jagte

Kaohsiung | 5. – 7. Juni 2020

Mit dem Zug ging es weiter der Küste entlang in Richtung Kaoshiung. Neben Taipeh ist Kaoshiung die einzige Stadt in Taiwan, die ebenfalls über ein ausgeklügeltes Metro-Netz verfügt. Wir durften daher bereits vor Kaohsiung − an der Zuoying Station − auf die Metro umsteigen, um so noch schneller bei unserem Hostel zu sein.

An der Zuoying Station angekommen waren wir wieder einmal beeindruckt, wie fortschrittlich die Taiwanesen in Punkto Infrastruktur sind. Bei diesem riesigen Bahnhof kommt alles zusammen: Die Metro von Kaohsiung, der High Speed Train und die Taiwan Railways.

Anstatt uns direkt in die Metro nach Kaoshiung zu setzen, verstauten wir unsere grossen Rucksäcke in zwei Schliessfächern und machten uns auf den Weg zum nahegelegenen Lotus Lake. Da unsere Wädli immer noch brannten, gönnten wir uns eine Taxi-Fahrt zum See.

Kaum angekommen, musste ich sofort meine Kamera zücken. Wir waren im Paradies für Fotografen gelandet. Wo man hinschaute, ein Fotosujet nach dem anderen. Rund um den See hatte es diverse Tempel, Shrines und riesige Statuen von diversen Gottheiten. Dazu der glänzende See, wunderbares, sonniges Wetter und kaum Touristen. Das musste ich einfach auskosten.

Für Remo war es wohl unverständlich, wie ich bei gefühlt 35 Grad im Schatten alle 100 m stehen bleiben konnte, um ein Foto zu knipsen. Doch hier das Resultat:

Zum Glück gibt es in Taiwan überall diese Getränke-Stände, wo man einen Mix zwischen Smoothie und Eistee in diversen Sorten erhält. Wir gönnten uns zwei Getränke und machten uns nach dem eindrücklichen Besuch im Dragon and Tiger Pagoda auf den Rückweg zum Bahnhof.

Mit der Metro gings dann direkt zum Hostel. Wir hatten uns den perfekten Ort ausgesucht − ein Dreh- und Angelpunkt von Kaoshiung. Denn gleich nebenan treffen die beiden Metrolinien „Orange“ und „Rot“ aufeinander. Diese Metrostation war übrigens auch ein beliebtes Fotosujet. Immer wieder sahen wir dort Fotografen mit ihren Stativen stehen. Warum? Darum!

Obwohl wir nur noch ca. 300 Meter zu Fuss gehen mussten, waren wir beide „pflotschnass“ als wir beim Hostel ankamen. Wir waren nun bereits drei Monate in Taiwan, aber unsere Körper hatten sich noch immer nicht an das feuchte, warme Klima gewöhnt.

Halb verhungert gönnten wir uns nach dem Gepäckabladen − Check-In war noch nicht möglich und die Dusche liess auf sich warten − ein klassisches Reismenu an einem der Night Markets, der anscheinend auch tagsüber geöffnet hat. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt konnten wir dann endlich einchecken, duschen und uns im klimatisierten Aufenthaltsraum erholen. Den Nachmittag verbrachten wir drinnen, beim Lesen, Arbeiten, Erholen.

Für das Abendessen machten wir uns auf zum Ruifeng Night Market, der uns der Hostelmitarbeiter empfohlen hatte. Es war der − unserer Meinung nach − coolste Night Market bisher. Die Stimmung war besonders. Es war zwar alles ziemlich eng. Da es aber kaum Leute hatte, fühlten wir uns dadurch irgendwie „heimelig“. Nebst den traditionellen Essen fanden wir hier auch mal etwas westlichere Menüs, z.B. Falafel-Burger und Paella.

Nach dem Gaumenschmaus machten wir uns auf dem direkten Weg zurück ins Hostel. Müde ging es in die Heia. Denn der nächste Tag hatte es in sich.

Zu Besuch bei Buddha

Nach dem Frühstück im Hostel machten wir uns mit Metro und Bus auf zum Fo Guang Shan Buddha Museum. Die Anreise dauerte ca. eine Stunde. Doch das hatte sich mehr als gelohnt.

Der Eintritt in dieses riesige Buddha Museum ist kostenlos. Bereits beim Eingang wurden wir sehr herzlich begrüsst. Hier hatte es fast gleich viele Helfer wie Touristen. Corona lässt grüssen.

Gleich nach dem Eintrittsbereich kam man in einen grossen Park mit acht grossen Türmen. In einem dieser Türme − Pagoda genannt − erhielten wir eine Privatvorstellung über die Entstehung des Museums. Wir kamen uns wie Könige vor, denn wir hatten den „Kino-Raum“ für uns alleine und zum Film wurde sogar Tee serviert.

Sobald wir den Park sowie den grossen, weissen Platz überquert hatten, kamen wir zur Haupthalle. Dort gab es diverse Ausstellungen über Buddha, seinen Lebensweg sowie Informationen rund um das Areal. Gleich nebenan war der Jade Buddha Shrine, wo die Zahnreliquie und die grosse Jade-Statue von Budhha aufbewahrt werden. Diese Reliquie muss für Buddhisten einen unvorstellbaren Wert haben. Für das Museum ist es eine grosse Ehre und auch Verantwortung, dass sie Buddhas Zahnreliquie zu ihren Schätzen zählen dürfen.

Vor dem Jade Buddha Shrine müssen alle ihre Schuhe ausziehen. Drinnen ist ein grosser Altar zu sehen. Davor liegen viele Kissen am Boden. Fotografieren ist nicht erlaubt. Beim Eintreten erhielten wir eine kleine LED-Kerze, die wir auf dem Altar vor Buddha legen durften.

Wir wollten die Ruhe noch einen Moment geniessen und auf den Kissen Platz nehmen. Aber wir wussten nicht genau, ob wir nun Sitzen oder Knien sollten. Etwas peinlich berührt schauten wir uns um. Da wir die einzigen im Raum waren, fühlten wir uns von den Helfern vor Ort leicht beobachtet. Und Abschauen konnten wir auch bei niemandem. Also knieten wir uns nur kurz hin und verliessen den Raum dann ziemlich schnell wieder. 😅

Im dritten Stock der Haupthalle befindet sich die Big Buddha Terrasse. Dort ragt eine riesige, goldige Buddha Statue in den Himmel. Diese ist 105 Meter hoch und schon von weitem zu sehen. Ehrfürchtig bestaunten wir die Statue. Wir fühlten uns plötzlich ganz klein − und hungrig. Mittagszeit.

Nach einem feinen, vegetarischen Zmittag im Tea House − Buddhisten essen anscheinend kein Fleisch − wurden wir eingeladen, chinesische Schriftzeichen nachzumalen. Eine Mönchin erklärte uns, worauf wir achten sollen. Bevor wir loslegten, wurde uns empfohlen eine kurze Meditation abzuhalten. Spannend, diese Gefühle und Eindrücke, die wir in diesem riesigen Museum erleben durften.

Das Wetter hatte mittlerweile umgeschlagen. Es regnete. Eigentlich wollten wir nur ein paar Stunden vor Ort verbringen. Doch es gab so viel zu sehen. Sogar der ungeduldige Remo musste das zugeben.

Wir wollten uns noch das Sutra Repository, eine weitere Art Tempel anschauen, welches auf dem Hügel nebenan lag. Ausser uns hatte sich wohl kaum jemand die Mühe gemacht in dieser tropischen Hitze die Treppenstufen auf sich zu nehmen.

Wir schauten uns um und betraten die grosse Halle. Sofort kam eine junge Mönchin auf uns zu. Wir wollten uns eigentlich nur umsehen, doch sie gab uns ein Zeichen hier zu warten und holte eilig eine ältere Mönchin, die Englisch sprechen konnte. Nun konnte wir ja nicht mehr einfach davon laufen. 😅

Also hörten wir gespannt zu, was uns die Mönchin über diesen Ort erzählte. Hier werden literarischen Werke von Venerable Master Hsing Yun gesammelt. Spannend, was dieser Herr weltweit bereits auf die Beine gestellt hat. Er hat den Fo Guang Shan Orden gegründet, mehrere Universitäten, Schulen und Tempel eröffnet sowie zahlreiche Hilfsprojekte ins Leben gerufen. Im Zentrum steht der humanistische Buddhismus, eine moderne Philosophie, die vom chinesischen Buddhismus abgeleitet ist und vor allem auf die Integration von buddhistischen Praktiken im Lebensalltag fokussiert. Viele Lebensweisheiten hingen auch in dieser grossen Halle als Schriftzeichen an den Wänden. Handgefertigt von Hsing Yun persönlich, der diese als alter, blinder Herr gezeichnet hat. Darauf war die Mönchin besonders stolz. Das merkte man ihr an.

Nachdem sie uns „aufforderte“ ein paar Fotos zu machen, beschenkte sie uns mit buddhistischen Infobroschüren und Süssigkeiten. Wir trauten uns nicht „Nein“ zu sagen. Sie war so freundlich und meinte immer wieder: „Geben ist wichtig. Wir geben gerne.“ Dabei strahlte sie eine solche Zufriedenheit aus, dass es uns gleich warm ums Herz wurde.

Wir nahmen auch noch den letzten Bitzen auf uns und ging noch etwas weiter zum Fo Guang Shan Kloster. Dort angekommen, waren wir trotz Regenschirm plitschnass. Die Haupthalle war gesperrt. Es schien eine Zeremonie im Gange zu sein. Draussen war sogar ein Kamerateam stationiert. Was da wohl los war? Wir wissen es bis heute nicht.

Da wir sowieso langsam müde waren, brachen wir hier ab. Das Kloster-Areal war nochmals riesig und sehr weitläufig. Man hätte sich locker noch einen zweiten Tag vor Ort beschäftigen können.

Gemäss Infobroschüre sollte in wenigen Minuten ein Bus zurückfahren. Also rannten wir zur Bushaltestelle. Dort warteten wir. Mit etwa zehn anderen Nasen. Kein Bus. Auch nach 5 Minuten, kein Bus.

Nach 30 Minuten kam ein Bus. Aber leider der Falsche. Es fing immer heftiger an zu regnen und blitzte und donnerte, wie wir es noch selten zuvor erlebt hatten. Wir sassen da im Freien, nur geschützt durch ein Welldach. Als hätte man uns vergessen. Teilweise mit Schirm, da es bis unters Dach spritzte. Wann endlich unser Bus kommen würde, konnte uns niemand so richtig sagen. Also warteten wir einfach.

Das ständige Plätschern war nicht gerade förderlich, wenn man eigentlich auf die Toilette musste. Aber aufs WC zu gehen, war mit dem Risiko verbunden, den Bus zu verpassen. Irgendwann konnte ich nicht mehr anders. Vermutlich hätte ich mit meiner Performance den Weltrekord für den schnellsten WC-Aufenthalt in Taiwan geknackt.

Aber ich hätte es ruhig etwas gemütlicher angehen können. Der langersehnte Bus E02 liess nochmals eine Stunde auf sich warten. 😂

Die Fahrt zurück in die Stadt verbrachten wir schweigend. Wir hatten so viele Eindrücke gesammelt und waren richtig platt. Wenn jetzt noch jemand gesagt hätte: „Kommt, konvertiert doch zum Buddhismus.“ Ich denke, wir hätten ohne Wiederrede mitgemacht. 😅

Zurück in der Stadt testeten wir noch den Liuhe Night Market und gingen dann zufrieden ins Bett.

Getrennte Wege

Am nächsten Tag gingen Remo und ich getrennte Wege. Für 3 Tage. 😉

Eigentlich waren wir zuerst beide Feuer und Flamme von der Idee, die nächste Strecke von Kaoshiung zurück nach Taitung mit dem Velo abzuradeln. So wie wir bereits an der Ostküste einen Teil des Weges absolviert hatten. Aber bei den gemeldeten 35-37 Grad wäre ich auf dem Velo wohl keine gute Gesellschaft gewesen.

So kam es, dass sich Remo alleine auf das Velo schwang und ich noch eine Weile durch Kaoshiung tigerte. Was Remo auf seiner Velotour erlebte, beschreibt er euch gleich selber im nächsten Blog.

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